SPD stimmt Haushalt 2020 nicht zu

24. April 2020

Coronabedingt sollten bei der Gemeinderatssitzung keine Reden gehalten werden. Die Stellungnahme der SPD-Gemeinderatsfraktion wurde zu Protokoll gegeben. Hier der Wortlaut:

Heuer ist alles anders. Zu keiner Zeit hat der Spruch „Früher war alles besser“, den unsere Eltern immer gesagt haben, eine größere Bedeutung gehabt als heute. Aktuell durchlebt unsere Gesellschaft einen Ausnahmezustand, der die ganze Welt vor nie denkbar gewesene Herausforderungen stellt und dessen Folgen uns in ihrer Komplexität noch lange beschäftigen werden. Kulturell, wie finanziell.

Dennoch müssen wir nach vorne schauen und dürfen jetzt nicht in eine Schockstarre verfallen. Es gibt ein Leben nach und vielleicht noch auf lange Sicht mit Corona, und für diese Zeiten brauchen wir eine handlungsfähige Gemeinde und einen vorausschauenden Plan. Und ich möchte betonen, dass wir diese Voraussicht auch ohne den Feind namens Coronavirus gebraucht hätten!

Trotz der schwierigen Situation müssen wir heute den Haushaltsplan für die Gemeinde Karlsfeld verabschieden. Der vorliegende Haushalt ist auch ohne die bevorstehende Corona-Krise nur ein Flickwerk mit einem Verfallsdatum zum Jahresende. Unsere Fraktion vermisst einen strukturierten, einen ehrlichen Finanzplan für die nächsten 5 Jahre, in dem der Mittelbedarf für notwendige und auch für geplante Maßnahmen übersichtlich zusammengestellt ist. Karlsfeld braucht endlich eine fundierte planerische Vorausschau, damit wir Gemeinderätinnen und Gemeinderäte gut informiert die Weichen für die Zukunft stellen können!

Mit Beginn der Haushaltsberatungen am 21. Januar hat uns der Bürgermeister einen Haushaltsentwurf vorgelegt, in dem Karlsfeld seine Schulden nur durch Aufnahme neuer Schulden bezahlen hätte können. Der Haushalt wäre deshalb so nicht genehmigungsfähig gewesen. Wir haben das in jeder Haushalts-Sitzung moniert und von der Verwaltung und vom Bürgermeister eindringlich Nachbesserung gefordert. Der Bürgermeister und die regierende Mehrheit haben dies vehement abgelehnt mit dem Hinweis, es sei Aufgabe des Gemeinderates einen tragfähigen Haushalt aufzustellen. Zwischen dem ersten Entwurf und der Verabschiedung sind nun mehr als 10 Wochen vergangen. Nach Rücksprache mit dem Landratsamt, nach mehreren abgesagten Sitzungen und leider erst nach der Kommunalwahl wurde der Haushaltsentwurf nun doch noch wie von uns gefordert überarbeitet. Für das nun vorliegende Zahlenwerk konnten von der Verwaltung für die nächsten vier Jahre noch 7,3 Millionen an Mehreinnahmen und Einsparungen gefunden werden. Dadurch ist zumindest der Haushaltsentwurf für das Jahr 2020 genehmigungsfähig.

Heute soll ein Verwaltungshaushalt beschlossen werden, der lediglich in diesem Jahr noch seinen laufenden Schuldendienst erwirtschaften kann. In den Jahren ab 2021 bis 2023 fehlen unabhängig von der Corona-Krise für den laufenden Schuldendienst mehr als 2,3 Millionen Euro. Die dauernde Leistungsfähigkeit der Kommune ist aus dem vorliegenden Zahlenwerk für die Zukunft nicht mehr erkennbar. Leider fehlt dem Bürgermeister und der regierenden Mehrheit der Mut, unseren Bürgerinnen und Bürgern zu vermitteln, dass schmerzhafte Maßnahmen notwendig sein werden um die Karlsfelder Finanzen langfristig wieder auf die Beine zu stellen, um damit eine Zwangsverwaltung zu verhindern. Diesen Mut und diese Transparenz hat unsere Fraktion in den wenigen stattgefundenen Haushaltsberatungen vehement eingefordert, aber nicht erhalten. Das hat schließlich dazu geführt, dass wir wichtigen Beschlüssen leider nicht zustimmen konnten bzw. nur unter Vorbehalt zugestimmt haben. Denn dringend nötige Maßnahmen wurden im damaligen Entwurf und werden auch im aktuellen Plan noch auf momentan nicht sichtbare „bessere Zeiten“ verschoben. Karlsfeld verschuldet sich damit massiv an seiner eigenen Infrastruktur und steuert mit einem „weiter so“ bereits auch ohne Corona in die Finanzkrise.

So kam es dazu, dass die Karlsfelder Bürgerinnen und Bürger vor dem Gang zur Wahlurne (da waren Corona-Maßnahmen noch kein Thema!) trotz mehrfacher Aufforderungen durch unsere Fraktion nicht darüber in Kenntnis gesetzt wurden, wie es um die Finanzlage in Karlsfeld bestellt ist und woher das Geld überhaupt kommen soll, um die im Haushalt eingestellten Maßnahmen zu finanzieren!

Wir lagen mit unserer Auffassung wohl doch nicht ganz falsch, dass es Aufgabe der Verwaltung ist, den Gemeinderäten einen genehmigungsfähigen Haushalt als Diskussionsgrundlage vorzulegen. Den Vorwurf, wir würden unsere politische Aufgabe nicht ernst nehmen, wenn wir nicht bereit wären, den Haushalt passend zu machen, weisen wir strikt von uns! Wie Sie sehen, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat die Gemeinde ihre Hausaufgaben im Nachhinein gemacht und uns eine tragfähige Grundlage geliefert. Jetzt wäre es an uns gewesen, im Rahmen unserer politischen Arbeit zu prüfen, ob unsere Vorstellungen, Visionen und auch die Versprechen an unsere Bürger im Haushaltsplan eingepreist sind und darum zu kämpfen! So wie wir zugestimmt haben, den Mitarbeitern der Gemeinde ab dem 01. Januar 2020 eine Zulage zu bezahlen. Und zwar nicht weil wir das müssen, sondern weil wir das wollen! Weil wir die Leistung unserer Mitarbeiter wertschätzen wollen!

Politische Entscheidungen dürfen nicht immer nur zu Streichungen führen und als notwendiges Übel wahrgenommen werden! Warum nicht einmal ein positives Ergebnis einfahren, wenn man sich im Konsens mit den anderen politischen Gruppierungen aktiv für eine Maßnahme ausspricht? Politikverdrossenheit kommt nicht von ungefähr…

Zusammengefasst müssen wir mit dem Haushalt, so wie er heute beschlossen werden soll, anstatt einem zukunftsfähigen Konzept leider ein ratloses und mutloses „weiter so“ erleben! Der Verwaltungshaushalt kann den notwendigen Schuldendienst in den kommenden 3 Jahren – unabhängig von den Folgekosten durch Corona - nicht vollständig erwirtschaften und die Infrastruktur kann nicht dem notwendigen Maß entsprechend aufrechterhalten werden.

Unsere Fraktion kann deshalb dem vorgelegten Haushalt nicht zustimmen. Eine gute Demokratie kann das aber gut verkraften.

Wir bedanken uns bei der Kämmerei und bei allen Fachleuten aus den verschiedenen Abteilungen für ihren Input zur diesjährigen Haushaltsplanung. Natürlich geht unser Dank auch an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung und der Gemeindewerke für die Leitung und Durchführung Ihrer täglichen Geschäfte und für die Aufrechterhaltung der Verwaltungstätigkeiten trotz der Ausnahmesituation, in der wir uns aktuell befinden.

Ein herzlicher Dank geht auch an alle Karlsfelder Vereine und Organisationen und alle weiteren ehrenamtlichen Helfer, die durch ihren unentgeltlichen Einsatz unser Gemeindeleben bereichern und gestalten. Wir hoffen für uns und für Sie alle, dass die Ausgangsbeschränkungen bald aufgehoben werden, um auch Ihnen wieder die Aufnahme Ihrer Vereinsaktivitäten zu ermöglichen.

Zu guter Letzt möchte ich auch Ihnen, Herr Bürgermeister, und Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen in diesem Gremium, für die Zusammenarbeit und die lebhaften Diskussionen in den letzten Monaten danken. Auch wenn sich unsere politischen Sichtweisen nicht immer decken, ist doch unser aller Bestreben im Sinne unserer Bürger verantwortungsvoll zu handeln und zu entscheiden.

„Willkürlich handeln ist des Reichen Glück!“, so sagte einst unser großer Johann Wolfgang Goethe. Und da wir davon leider noch meilenweit entfernt sind, bleibt uns wohl nichts anderes übrig als die Ärmel hochzukrempeln und anzupacken! Für uns alle!

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