Haushaltsrede der SPD-Fraktion

01. Mai 2022

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Kolbe, sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung, liebe Kolleginnen und Kollegen,

“Der Schlüssel zu Fülle und Überfluss besteht darin, begrenzten Umständen mit unbegrenzten Gedanken zu begegnen” Dieses Zitat von Oscar Wilde spiegelt genau die Haushaltsberatungen 2022 wider. Wir haben uns heuer erlaubt offen, lösungsorientiert und ohne Denkverbote an die Zahlen im Haushalt heranzugehen, weil wir erkannt haben, dass die vom Kämmerer präsentierten Zahlen die übliche Vorgehensweise von Schieben und Streichen nicht mehr erlaubt. Dabei haben wir auch erkannt, dass für die Beurteilung der Gesamtsituation und für die Entscheidungen der Fraktionen völlig unterschiedliche Voraussetzungen zugrunde gelegt werden.

Einige Fraktionen beurteilen die Gesamtsituation anhand eines vom Kämmerer vorgelegten Zahlenwerkes. Darin ist belegbar und schwarz auf weiß die Haushaltssituation der kommenden Jahre bis 2025 abgebildet; andere Fraktionen glauben dem Kämmerer lieber nicht und entscheiden abseits des vorliegenden Zahlenwerkes auf einer selbst geschaffenen Basis von Annahmen und Wunsch-Szenarien, ohne dass dazu je seriöse Planzahlen auf den Tisch gelegt wurden. Es wäre jetzt deshalb höchste Zeit, dass ein externes Beratungsunternehmen eine Haushaltsanalyse und auch eine Haushaltsprognose erstellt, die als sachlich fundierte, einheitliche und einzige Entscheidungsgrundlage künftig von allen Fraktionen akzeptiert wird.

Unsere Fraktion entscheidet ausschließlich auf der Basis der vom Kämmerer bis 2025 erstellten und schwarz auf weiß vorliegenden Haushaltszahlen und Haushaltsprognosen. Wir nehmen die Aussagen und Angaben, die sich aus dem vom Kämmerer vorgelegten Zahlenwerk ergeben sehr ernst, und können deshalb dem vorgelegten Haushalt 2022 nicht zustimmen.

Alle Fraktionen, die dem Haushalt heute zustimmen, und die sich darauf berufen, dass wir es ja bisher jedes Jahr geschafft haben die Mindestzuführung zu erreichen, müssen auch dazu sagen, auf welche wundersame Weise das passiert ist. Sie müssen dazusagen, dass wir in den letzten Jahren schlichtweg unsere Pflichtaufgaben nicht - oder nur unzureichend - erledigt haben. Wir haben uns die Kür geleistet, obwohl wir die Pflicht nur ungenügend abgeliefert haben. In anderen Worten: Wir haben zwar die Mindestzuführung für das Haushaltsjahr 2022 erreicht - dafür mussten wir aber größere Instandhaltungsmaßnahmen aus dem Verwaltungshaushalt in den Vermögenshaushalt schieben. Wir mussten uns dafür auch von der Infrastruktur Geld borgen, indem wir dringend notwendige Reparaturen verschoben haben. Und wir haben von dem glücklichen Umstand profitiert, dass Mehreinnahmen bei der Einkommensteuer und bei den Schlüsselzuweisungen für einen wohltuenden, warmen Geldregen gesorgt haben. Aus eigener Kraft hätten wir das aber nicht geschafft! Die Prognose für die kommenden 3 Jahre zeigt, dass uns für die Schuldentilgung künftig jedes Jahr durchschnittlich 1,4 Mio Euro fehlen werden. Darin sind aber leider die Schulden für dringend anstehende Investitionen in Pflichtaufgaben, die bereits schon mehrere Jahre verschoben worden sind und uns dadurch wie jedes Jahr die Genehmigung des Haushalts beschert haben, noch gar nicht enthalten! Investitionen in freiwillige Leistungen rücken damit in weite Ferne! Aber zufällige Umstände und Verschiebemaßnahmen, und die ausschließliche Fokussierung auf das laufende Haushaltsjahr genügen unserer Fraktion nicht. Wir wollen, dass der künftige Schuldendienst für alte und auch für neue Schulden mittelfristig und aus eigener Kraft sichergestellt ist! Dazu wären aber sofortige Änderungen in der Haushaltsstruktur erforderlich, denn Änderungen in der Infrastruktur würde bedeuten: Maßnahmen einleiten, damit wir sicherstellen, dass künftig Zins und Tilgung für unsere Altschulden bezahlt werden können und Maßnahmen einleiten, um sicherzustellen, dass wir auch die neuen Schulden für die unausweichlich kommenden Investitionen in die Pflichtaufgaben bezahlen können.

Wir haben dazu unter anderem folgende Vorschläge gemacht: - Erhöhung des Gewerbesteuer-Hebesatzes auf 400 Punkte - Kostenreduzierung durch ein interkommunales Hallenbad - Aufzeigen und Priorisierung fälliger Investitionen mit Finanzplan dazu - kostendeckende Saalmiete beim Bürgerhaus - Neuordnung der Sportförderung - Neuordnung der Kinderbetreuung - Privatisierung Bürgerhaus - Haushaltsanalyse und Haushaltsprognose durch ein externes Beratungsbüro

Damit wäre wohl der Vorwurf, wir würden gegen den Haushalt stimmen ohne Lösungen und Alternativen aufzuzeigen, auch entkräftet!

Um die mittelfristig gesicherte Schuldentilgung zu erreichen, müssten die Einnahmen eigentlich den Ausgaben folgen. Das heißt: Wer kein Porzellan zerschlagen will, müsste die Einnahmen ausreichend erhöhen. Die Einnahmen müssten so weit erhöht werden, dass damit nicht nur die Ausgaben sondern auch der Schuldendienst gezahlt werden kann. Mit der Erhöhung des Gewerbesteuer-Hebesatzes auf nur 370 Punkte konnte das nicht erreicht werden. Es wurde damit die Chance verpasst, sich aus der Abwärtsspirale zu befreien und den Karlsfelder Bürger*innen Strukturveränderungen und Einschnitte zu ersparen.

Nun müssten als Umkehrschluss leider die Ausgaben den Einnahmen folgen. Das heißt: Ausgaben, die keine Pflichtaufgaben sind, müssten aufgrund zu niedriger Einnahmen drastisch gekürzt werden. Aber auch das ist nicht erfolgt, denn die Mehrheit im Gemeinderat will lieber abwarten, sich von einem Haushaltsjahr in das nächste hangeln und dazu dringend notwendige Investitionen in die Infrastruktur von einem Jahr auf das andere Jahr verschieben. Aber: „Jedes Vorhaben, das man verschiebt, wird mit jedem Jahr Aufschub noch teurer!“ Das weiß der Bgm. Reischl in Hebertshausen - bei uns in Karlsfeld weiß man das leider noch nicht. In Karlsfeld macht man deshalb lieber „weiter so“, anstatt die Strukturen der Realität anzupassen! Wie das dann aussieht kennen unsere Bürger*innen schon, und der Unmut darüber ist bereits spürbar: Saalkapazitäten im Bürgerhaus werden reduziert, Tropfeimer im Hallenbad und in der Turnhalle der Mittelschule, Straßenränder brechen weg, und Brücken und Treppen werden gesperrt und abgebaut, weil die Instandhaltung zu lange geschoben wurde.

Aber „Weiter so“ ist nicht der politische Anspruch unserer Fraktion! Wir wollen lieber aktiv und mutig die Zukunft gestalten, die Infrastruktur rechtzeitig instandhalten und Karlsfeld so wieder zukunftsfähig machen.

Wir danken der Kämmerei und allen Verantwortlichen Mitarbeiter*innen aus den verschiedenen Abteilungen, die uns in den Sitzungen Rede und Antwort gestanden und ihre Prioritätenlisten mit uns durchgearbeitet haben. Sie haben uns die Entscheidungsfindung enorm erleichtert und eine fundierte Diskussion ermöglicht. Ein herzlicher Dank geht auch an alle Karlsfelder Vereine und Organisationen, die durch ihre ehrenamtliche Arbeit unser Gemeindeleben so sehr bereichern, ohne uns als Gemeinde arm zu machen. Wir wünschen Ihnen, dass Sie die bewilligten Zuschüsse für die Wiederaufnahme Ihrer Vereinsaktivitäten einsetzen können! Zu guter Letzt möchte ich auch Ihnen, Herr Bürgermeister, und Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen in diesem Gremium, für die gute Zusammenarbeit und die lebhaften und kontroversen Diskussionen danken.

Wir wünschen uns für die Zukunft, dass alle Fraktionen statt nicht dokumentierter Annahmen wieder die vom Kämmerer erstellte und real existierende Zahlenbasis als gemeinsame Grundlage akzeptieren, und künftig ihre Entscheidungen wieder auf dieser fundierten Basis treffen.

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